
Die Korrekturen der Preise an den Kapitalmärkten finden vor dem Hintergrund von Inflations- und Rezessionssorgen weiterhin statt. Die aktuelle Kriegssituation, die Zentralbankpolitik und auch unsichere Wachstumsaussichten bewegten im Juni 2022 die Investoren und führten zu deutlich mehr Vorsicht.
Die US-Notenbank FED erhöhte ihren Leitzins ein zweites Mal in diesem Jahr. Dieser Zinsschritt fiel mit 0,75 Prozentpunkten ungewöhnlich hoch aus. Eine solche deutliche Anhebung gab es zuletzt im Jahr 1994. Damit liegt die neue Leitzinsspanne der FED bei 1,50 bis 1,75 %. Die Inflation war im Mai in den USA auf 8,6 % gestiegen und erreichte damit den höchsten Wert seit 40 Jahren. Abzuwarten bleibt, ob die FED auch im Juli einen weiteren so massiven Zinsschritt wagt. Die stabile Arbeitsmarktsituation lässt dies nicht ausschließen.
Inflationsrate USA:

Auch die Europäische Zentralbank verkündete das Ende ihrer Anleihenkäufe und kündigt Zinserhöhungen für Juli an. Geplant sind 0,25 Prozentpunkte, welche nach 11 Jahren Dürre voraussichtlich in der Sitzung im Juli beschlossen werden. Mit weiteren Zinsanhebungen bis zum Ende des Jahres ist aufgrund der aktuell immer noch viel zu hohen Inflationszahlen zu rechnen. Die Reaktion der Märkte war verhalten, insbesondere weil eine solche Anhebung längst überfällig war. Zusätzlich führte die unerwartete Leitzinsanhebung der Schweiz im gleichen Zeitraum zu deutlichen Belastungen des Aktienmarkts.
Am Anleihemarkt führte die Zinswende der US-Notenbank zu einem starken Anstieg der Renditen. Kurzlaufende Anleihen profitieren vor allem in der Steigerung der laufenden Verzinsung. So stieg die Verzinsung von US-Staatsanleihen mit fünf Jahren Laufzeit von 1,26 % zum Jahreswechsel auf satte 3,6 % Mitte Juni – damit erreichten diese fast eine Verdreifachung der Rendite binnen eines halben Jahres. Darin ist eine Markterwartung erkennbar, welche in den kommenden Monaten eine hohe Inflation mit höheren Zinsen bekämpfen will. Wie lange die Laufzeit dieser Strategie sein wird, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht absehbar.

Große Verlustbringer waren auch im Juni erneut Kryptowährungen. Mehrere sogenannte Stable Coins konnten ihr Kursniveau nicht halten. Dieser Verkaufsdruck wurde auf andere Kryptowährungen übertragen und damit fiel die Marktkapitalisierung aller fast 20.000 Kryptowährungen gegenüber dem Hoch im vergangenen November von fast drei Billionen US-Dollar auf weniger als 900 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Kursverlauf von knapp – 70 %.
Für Aktienanleger ist 2022 bisher kein erfreuliches Jahr. Der S&P 500 legte mit einem Verlust von 13 % in Euro die schwächste erste Jahreshälfte seit 1970 hin. Der Euro STOXX 600 entwickelte sich mit minus 15 % ähnlich schlecht. In den USA konnten immerhin der Energiesektor mit einem plus von 44 % in Euro und Versorger mit knapp plus 6 % in Euro für etwas positive Stimmung sorgen. In Europa verzeichnete lediglich der Energiesektor ein Kursplus von 14 %. Die Schlusslichter mit minus 20 bis minus 37 % befinden sich sowohl in den USA als auch in Europa überwiegend in sensibleren Konjunktursektoren wie Technologie, Bau und zyklischer Konsum. Die Lage bei Aktien dürfte kurzfristig weiterhin angespannt bleiben.
An den Kapitalmärkten scheint bereits viel an Zins- und Konjunktursorgen eingepreist, jedoch dürften sich die aktuellen Turbulenzen erst beruhigen, wenn sich eine Reihe von Unwägbarkeiten legen. Dazu zählt neben der Entwicklung der Coronawelle und dem weiteren Verlauf des Ukraine-Russland-Konflikts insbesondere die Frage, ob die Notenbanken im Kampf gegen die Inflationsrisiken und der ggf. entstehenden Lohn-Preis-Spirale tatsächlich eine wirtschaftliche „Vollbremsung“ in Kauf nehmen oder aber sich eine Verschnaufpause im Zinserhöhungszyklus gönnen. Vor allem für die nächsten Wochen und Monate wird eines jedoch Bestand haben: anhaltend ausgeprägte Volatilitäten an den Kapitalmärkten.
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