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Marktkommentar September 2022

Marktkommentar

Inflation, Rezession, Zinsen: Die Situation ist nahezu unverändert, die makroökonomische Lage bleibt weltweit angespannt, insbesondere in Europa. Fast in allen Ländern in Europa ist das Verbrauchervertrauen auf einem Tiefpunkt, was sicherlich mit den seit Jahresanfang stark gestiegenen Energiepreisen in Zusammenhang steht. So ist in Europa der Preis für ein Barrel Öl im Laufe des Sommers zwar zurückgegangen, nicht aber die Gaspreise, die seit Anfang Juni um mehr als 200 % gestiegen sind. Entsprechend werden die Strompreise weiter ansteigen. Die Folgen sind aufgrund der sehr unterschiedlichen Unterstützungsplänen seitens der Regierungen schwer abzuschätzen. Es stellt sich auch die Frage, wie nachhaltig derartige steuerlichen Unterstützungen sein können. Eine Reform des Strommarktes in Europa könnte das Problem bestenfalls begrenzen.

Nach Russlands Ankündigung, die Gaslieferungen nach Europa über Nord Stream auf unbestimmte Zeit einzustellen, könnte die Personalnachfrage der Arbeitgeber in den kommenden Monaten nachlassen, zumal sich der Konjunkturausblick für Europa verschlechtert.

Die amerikanischen Verbraucher haben aufgrund ihrer weitgehenden Unabhängigkeit von Energieimporten nicht die gleichen Risiken zu tragen. Sie sind zwar auch von hoher Inflation betroffen, werden aber auch durch ein höheres Lohnwachstum als in Europa und einen immer noch boomenden Arbeitsmarkt gestützt, auch wenn es erste Anzeichen für eine Abschwächung gibt. 

Die US-Notenbank hat im Juni ihren wichtigsten Leitzins ein weiteres Mal erhöht, diesmal um ungewöhnliche 0,75 Prozentpunkte. Somit setzte sich zunächst die Hoffnung durch, damit sei die Phase rasch aufeinander folgender hoher Zinsanhebungen vorbei. Damals wurden Äußerungen des Präsidenten der US-Notenbank, Jerome Powell, als Hinweis auf eine Verlangsamung der geldpolitischen Straffung interpretiert. Da die Geschäftsergebnisse und Ausblicke vieler Unternehmen noch sehr gut ausfielen, darunter bei den Index-Schwergewichten Apple und Amazon, setzten die Börsen zu einer Sommer-Rallye an. Der Dow Jones Industrial Average erholte sich vom Jahrestief am 15. Juni in den zwei Monaten bis zum 15. August um 15,6 Prozent, drehte dann aber wieder nach unten. Der Technologie-Index Nasdaq 100 stieg im gleichen Zeitraum sogar um 24,3 Prozent.

Positiv wirkten die Inflationszahlen für den Juli. Die US-Inflation wurde mit 8,5 Prozent (nach 9,1 Prozent im Juni) veröffentlich. Dies nährte die Hoffnungen, die FED könne ihre Zinserhöhungspolitik bald etwas lockern. Mitte August überwogen dann doch die Sorgen, dass die hohe Inflation die Notenbanken bewegt, ihre restriktivere Geldpolitik mit weiteren, teils deutlichen Zinserhöhungen fortzusetzen. Besonders in Europa kamen konjunkturelle Risiken hinzu, Russland hat die Gaslieferungen weiter reduziert und die Preise für Energie gingen weiter deutlich nach oben.

Alle Kapitalmärkte warteten mit Spannung auf die Notenbankkonferenz Jackson Hole in den USA – dort trafen sich die wichtigsten Notenbanker der Welt zu ihrem alljährlichen Wirtschaft. Die Äußerungen von Fed-Präsident Jerome Powell wurden als Fortsetzung der entschlossen restriktiven Geldpolitik gedeutet und belasteten damit die Börsen. „Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich die Fortsetzung einer restriktiven Geldpolitik für einige Zeit notwendig machen“, sagte der Fed-Chef im Rahmen der Notenbankkonferenz. Die Höhe der Zinsanpassung im September bleibt jedoch unklar, es könnte jedoch nochmal ein „außergewöhnlich großer“ Schritt werden.

Schwellenländer reagieren traditionell besonders sensibel auf steigende Zinsen, Inflation und Rezessionssorgen. Bei ihnen rückt die Sorge um eine neue Schuldenkrise immer mehr in den Vordergrund. Schwellenländer sind traditionell stärker im US-Dollar verschuldet. Steigende Zinsen in den USA machen den Dollar attraktiver. Ein steigender Dollar bedeutet, dass die Schuldendienste der Schwellenländer dadurch teurer werden. Für einige dieser Länder kann das zum Problem werden.

Auch wenn die Lage derzeit in den Schwellenländern angespannt ist und vor allem die zinspolitischen Risiken überdurchschnittlich sind, stehen nicht alle Emerging Markets mit dem Rücken zur Wand. Experten erwarten beispielsweise für Indien für das Finanzjahr 2022/2023 ein reales Wirtschaftswachstum von acht Prozent. Das sind interessante Wachstumsraten, von denen Anleger profitieren könnten. Es kommt darauf an, die richtigen Länderinvestments auszuwählen und sich die politische und wirtschaftliche Substanz genau anzuschauen. In jedem Falle sollten Investments in die Emerging Markets nicht einfach gestoppt, sondern mit Blick auf die mittlere und langfristige Entwicklung getätigt werden. Es existieren viele exzellente Schwellenländer-Fondskonzepte, in die Anleger jetzt günstiger einsteigen können.

Immer noch gilt: Geduld und Vernunft sind unter all den bekannten politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zukünftig mehr denn je gefragt.

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